Verkehr & Tourismus

Luftverkehr - Schiffsverkehr - Bahnverkehr - Straßenverkehr

 
 
 

Das Kernprodukt von Fluggesellschaften ist der Flug, welcher ein homogenes Produkt darstellt und kaum individuelle Gestaltungsmöglichkeiten für die einzelnen Fluggesellschaften zulässt. Angesichts der zunehmenden Austauschbarkeit, bieten sowohl die verschiedenen Fluggesellschaften als auch die Flughäfen vermehrt Zusatzleistungen an.

Dies sind Extras, welche nicht im Flugpreis enthalten sind, aber bei Bedarf gegen einen Aufpreis hinzugebucht werden können. Durch den starken Wettbewerb, der auf dem Flugmarkt herrscht, gewinnen Nebeneinkünfte stetig an Bedeutung. Frühere Selbstverständlichkeiten, wie beispielsweise die Gepäckaufgabe, werden heutzutage extra berechnet. Zusatzleistungen sind bei allen Arten von Fluggesellschaften und auch bei Flughäfen zu einem festen Bestandteil in deren Geschäftsmodell geworden. Zu beachten ist, dass diese die Bedürfnisse der Kunden in dem Sinn treffen sollen, dass sie als Mehrwert empfunden werden und nicht als zusätzliche Kostenbelastung. Beispiele hierfür sind eine schnellere Sicherheitskontrolle oder ein freier Mittelsitz.

 

Ausgangslage

Fluggesellschaften können den Großteil ihrer Kosten, wie beispielsweise Kerosinpreise oder die Gebühren auf den Flughäfen, so gut wie nicht beeinflussen. Zudem kommt hinzu, dass sie durch den intensiven Wettbewerb und den Druck auf die Preise, kaum mehr in der Lage sind, ihre Ticketpreise zu erhöhen. Im Durchschnitt verdienen Fluggesellschaften weniger als zehn US-Dollar pro transportierten Passagier. Da sie mit diesen Einnahmen aus dem eigentlichen Fluggeschäft ihre Kosten schwerlich decken können, mussten sie neue Einnahmequellen erschließen. Hierfür sind die Flughäfen als ein gutes Beispiel vorangegangen. Diese haben, um sich von den Infrastrukturnutzungsentgelten unabhängig zu machen, das Non-Aviation-Geschäft ausgebaut. Dazu gehören alle Einrichtungen und Dienstleistungen, die nicht direkt mit dem eigentlichen Lufttransport in Verbindung stehen.

Auch die Fluggesellschaften steigern nun seit einigen Jahren erfolgreich ihr Geschäft durch Zusatzverkäufe. Extraeinnahmen beim Fliegen werden eine immer wichtigere Komponente in deren Geschäftsmodell, da durch den Nettoumsatz der Nebeneinnahmen beinahe 50 Prozent als Gewinn haften bleiben. Wohingegen über den Ticketpreis oft nur fünf Prozent Gewinn generiert wird. Zudem sind die Zusatzleistungen in den letzten Jahren wesentlich vielseitiger geworden. Bei einer Untersuchung von 63 Fluggesellschaften, die ihre Zusatzerlöse offengelegt haben, ging hervor, dass die Nebeneinkünfte im Jahr 2014 38,1 Milliarden US-Dollar betrugen. Billigfluggesellschaften waren die Ersten, die ihre Umsätze entweder direkt durch den Verkauf von Produkten an Passagiere, oder indirekt als Teil des Reiseerlebnisses verstärkt haben.  Betrachtet man das Verhältnis zum Gesamtumsatz, liegen diese an der Spitze der Zusatzeinnahmen.

Zusatzeinahmen Billigflug
Fluggesellschaft Anteil der Zusatzeinnahmen am Gesamtumsatz in Prozent Umsatz mit Zusatzleistungen in US-Dollar Nebeneinkünfte pro Passagier in US-Dollar
Spirit Airlines 38,7 748.220.000 52,35
Wizz Air 33,7 530.038.683 34,87
Allegiant Air 32,4 368.276.000 45,16
Jet2.com 28,5 344.403.149 56,28
Ryanair 24,6 1.906.616.921 21,04

Die Tabelle zeigt die Top fünf der Billigfluggesellschaften, die mit ihren Zusatzeinnahmen 2014 den größten Anteil am Gesamtumsatz generiert haben. Daraus geht hervor, dass die amerikanische Billigfluggesellschaft Spirit 38,7 Prozent mit Nebeneinkünften verdiente. In Europa ist die ungarische Billigfluggesellschaft Wizz Air führend. Europas profitabelste Fluggesellschaft, die irische Billigfluggesellschaft Ryanair erzielte rund ein Viertel ihrer Umsätze mit den gewinnbringenden Extras und ist mit 1,91 Milliarden US-Dollar an Zusatzeinnahmen auf Platz fünf, sowohl beim Anteil der Zusatzeinnahmen am Gesamtumsatz, als auch in der Gesamtrangordnung der Fluggesellschaften mit den meisten Nebeneinkünften.

Zusatzeinnahmen Linienflug
Fluggesellschaft Anteil der Zusatzeinnahmen am Gesamtumsatz in Prozent Umsatz mit Zusatzleistungen in US-Dollar Nebeneinkünfte pro Passagier in US-Dollar
United Airlines 15,1 5.861.000.000 42,46
American Airlines/ US Airways 10,9 4.651.000.000 24,06
Delta Air Lines 8,0 3.212.909.000 18,75
Air France/ KLM Royal Dutch Airline 6,0 2.046.292.309 26,40
Ryanair 24,6 1.906.616.921 21,04

In dieser Tabelle ist zu erkennen, dass sich 2014 in der Rangfolge der Fluggesellschaften mit den meisten Zusatzumsätzen, große Linienfluggesellschaften die ersten vier Plätze gesichert haben. Der Grund hierfür ist, dass a la carte Aktivitäten, mit denen Billigfluggesellschaften hauptsächlich ihre Zusatzumsätze generieren, nur eine Möglichkeit der Nebeneinkünfte sind. Linienfluggesellschaften, vor allem in den USA, erwirtschaften den größten Teil ihrer Zusatzeinnahmen mit Meilenverkäufen und Co-branded Kreditkarten. Vor allem für die führenden Linienfluggesellschaften in den USA (United, American Airlines/ US Airways und Delta) ist dies zum Milliardengeschäft geworden. Diesen wird so die Chance geboten, den Kostennachteil im operativen Geschäft gegenüber den Billigfluggesellschaften auszugleichen. Es lässt sich feststellen, dass bereits alle Arten von Fluggesellschaften, als auch die Flughäfen, das Potenzial der Zusatzleistungen entlang der Servicekette für sich erkannt haben, sowie bereits in unterschiedlichem Maße umsetzen.

 * Die Zahlen beziehen sich auf den "The CarTrawler Yearbook of Ancillary Revenue by IdeaWorksCompany 2015". Eine neue Version des Reports, mit den aktuellsten Zahlen, erscheint im September 2016 und kann von Studenten kostenlos angefordert werden.

 

 

Servicekette

Das Lufttransportangebot von Fluggesellschaften stellt eine Beförderungsdienstleistung dar und kann als Servicekette, welche in einzelne Teilleistungen untergliedert ist, veranschaulicht werden. Diese umfasst im Wesentlichen die Leistungen vor Antritt, während und nach Abschluss des Fluges, die entweder von der jeweiligen Fluggesellschaft selbst erbracht oder über sie gebucht werden. Mit Hilfe der Servicekette, kann der Dienstleistungsprozess aus Sicht der Passagiere erfasst und dargestellt werden. Diese, im Idealfall geschlossene Kette, verbindet einzelne, zeitlich aufeinander folgende Serviceelemente miteinander und beschreibt alle Prozesse, die der Kunde vom Erstkontakt bis zur Nachbetreuungsphase in einem Unternehmen durchläuft. Die Kunden erwarten neben der Beförderung von A nach B, heutzutage weitere ergänzende Dienstleistungen, wie beispielsweise die Anreise zum Flughafen. Jede einzelne Dienstleistung beeinflusst das gesamte Flugerlebnis. Dies hat zur Folge, dass die Qualität einer Flugreise als Summe ihrer einzeln erbrachten Leistungen verstanden werden muss, da der Passagier das Produkt als Ganzes wahrnimmt. Hierbei erwartet der Kunde, dass alle Leistungen das gleiche Niveau aufweisen. Da die Gesamtqualität durch das schlechteste Glied bestimmt wird, müssen alle Leistungsträger kooperieren und die Schnittstellen optimieren.

Bei den verschiedenen Geschäftsmodellen von Fluggesellschaften (Linien-, Billig- und Ferienflug) wird eine eindeutige Abgrenzung teilweise immer schwieriger. Viele Anbieter verfolgen ein hybrides Geschäftsmodell, was dazu führt dass Geschäftsstrategien miteinander kombiniert werden. Ein Beispiel hierfür sind die Ferienfluggesellschaften, die mit dem Ausbau des Einzelplatzverkaufs von dem reinen Verkauf an Reiseveranstalter im Rahmen von Pauschalreisen abweichen.

Dennoch wurde hier für jedes Geschäftsmodell eine eigene Servicekette erstellt. Dabei lassen sich die vorhandenen Unterschiede und unterschiedlich ausgeprägten Servicedienstleistungen gut erkennen.

Zusatzleistungen

Zusatzleistungen werden laut der IdeaWorksCompany, ein Beratungsunternehmen für Nebeneinkünfte und Loyalitätsmarketing, folgendermaßen definiert:

Zusatzleistungen beschreiben den Umsatz der zusätzlich zu dem Verkauf von Flugtickets generiert wird. Dieser kann über einen Direktverkauf oder indirekt als Teil des Reiseerlebnisses erfolgen.

Weiterhin unterteilt IdeaWorksCompany Zusatzumsätze nach folgenden Kategorien:

1) Vielfliegeraktivitäten:

Diese bestehen im Wesentlichen aus dem Verkauf von Meilen oder Punkten an Programmpartner. Dies können Hotelketten und Mietwagenfirmen, Co-branded Kreditkarten, Online-Einkaufszentren, Einzelhändler oder Kommunikationsdienste sein. Zudem wird der direkte Verkauf von Meilen oder Punkten an Programmmitglieder hinzugezählt.

2) A la carte Funktionen:

Diese werden repräsentiert durch die Elemente einer Auswahl an Zusatzeinnahmen und bestehen aus den Vorzügen, die ein Kunde seiner Flugreise beifügen kann. Nachfolgend aufgeführte Aktivitäten sind hierfür typisch: An Bord Verkauf von Speisen und Getränken, aufzugebendes Gepäck, Sitze mit mehr Beinfreiheit, Gebühren für Einkäufe mit Kreditkarte, bevorzugter Check-in, Passkontrolle und Boarding, Bordunterhaltungssysteme und WLAN-Internetzugang an Bord.

3) Produkte auf Provisionsbasis:

Darin enthalten sind Provisionen aus dem Verkauf von Hotelunterkünften, Autovermietungen und Reiseversicherungen. In erster Linie wird diese Kategorie über die Homepage der Fluggesellschaft repräsentiert. Zudem findet sie durch den Absatz von Duty-Free- und Verbraucherprodukten an Bord Verwendung.

4) Von der Fluggesellschaft vertriebene Werbung:

Diese Kategorie beinhaltet jede mit der Reise der Passagiere verknüpfte Werbungsinitiative. Typisch hierfür sind Einnahmen, die über das Bordmagazin generiert werden. Außerdem Werbung im oder am Flugzeug, an Verladebrücken, Flugsteigen oder Lounges, sowie eine kostenpflichtige Produktplatzierung.

5) A la carte Komponenten in Verbindung mit einem Tarif oder als Produktbündel:

Diese können von Fluggesellschaften als Teil des Gesamtpreises hinzugefügt werden. Dieser wird ermittelt durch die Zuweisung eines Wertes auf die Dienste, die im Gesamtpaket enthalten sind. Beispiele hierfür sind aufzugebendes Gepäck, bevorzugtes Boarding und Plätze mit mehr Beinfreiheit.

 

Verfasser Servicekette & Zusatzleistungen: Edda Obermeier

Tourismus-Management Studentin an der Fachhochschule Kempten. Dieser Beitrag wurde im Rahmen der Bachelorarbeit und des Praxis Research Projekts erstellt.