Die Kreuzfahrtindustrie hat zu Recht keinen umweltfreundlichen Ruf. Große Mengen an Stickoxiden, Schwefeloxiden und Rußpartikeln werden in die Umwelt entlassen. Dazu kommt noch ein hoher Kohlenstoffdioxidausstoß, sowie ein großer Energieverbrauch und schlechte Arbeitsbedingungen an Board. Doch es gibt auch positive Ansätze, effektive Maßnahmen und Vorbilder in der Kreuzfahrtindustrie, welche den richtigen Weg in Richtung Zukunft gehen.
Ökologische, ökonomische und soziale Spannungsfelder
Wie man deutlich erkennen kann, hat die Hochseekreuzfahrt immer mehr an Beliebtheit gewonnen. Doch dies birgt natürlich auch verschiedenste Probleme in verschiedenen Bereichen.
In diesem Diagramm wird die Anzahl der Passagiere auf dem europäischen Kreuzfahrtmarkt von 2005 bis 2019 abgebildet.
Quelle: CLIA, Februar 2021; Europe Market Report 2019, Seite 3
Ökologische Spannungsfelder
Vor allem die Ökonomie steht in der Kritik der Umweltschützer. Es gibt verschiedenste Aspekte des ökologischen Spannungsfelds. Die wichtigsten sind die Luftverschmutzung, die großen Mengen an Müll, der Umgang mit Abwasser, der enorme Energieverbrauch und die Antriebsform der Kreuzfahrtschiffe.
Luftverschmutzung
Die Hochseekreuzfahrt trägt nachweislich zu Problemen wie Versauerung der Meere, Freisetzung von Treibhausgasen und Smog bei.
Heruntergerechnet beträgt die Luftverschmutzung einer Person bei einer Woche Urlaub auf einem Hochseekreuzfahrtschiff 1.833 Kilogramm CO2. Das ist Vergleichbar mit der Klimawirkung eines Autos pro Jahr. Doch nicht nur der Ausstoß von Kohlenstoffdioxid ist kritisch zu betrachten.
Stickoxide
Stickoxid entsteht über eine chemische Reaktion bei der Verbrennung des Treibstoffes im Inneren des Kreuzfahrtschiffes. Anschließend gelangt es über die Abgase in die Luft, und über Niederschlag in die Meere. Dort führt Stickoxid zur Versauerung der Meere und zur Überdüngen dieser. Bestimmte Algen vermehren sich verstärkt und bringen das Ökosystem außer Balance.
Zudem greift Stickoxid die Atemwege an und ist somit gesundheitsschädlich.
Schwefeldioxide
Auch Schwefeloxid verursacht "Sauren Regen" wenn er mit Sauerstoff reagiert. Der dadurch entstandene Schwefeldioxid ist in der Biosphäre schädlich für die Ökosysteme, aber auch für Gebäude und führt zur Korrosion. Für den Menschen ist er ebenfalls gesundheitsschädlich- vor allem für die Atemwege.
Methan
Methan als Treibhausgas trägt viel zur globalen Erwärmung und somit zum Klimawandel bei. Eine schlechte Luftqualität wird ebenfalls durch Methan ausgelöst und führt so auch zu Problemen beim Menschen.
Rußpartikel und Feinstaub
Die Abgase der Kreuzfahrtschiffe beeinhalten ebenfalls Rußpartikel und Feinstaub. Diese sind nachweislich umweltschädlich und erwärmen zusätzlich noch die Umgebungsluft, da die dunklen Partikel die Sonnenstrahlen absorbieren.
Beim Menschen werden sie mit Atemwegserkrankungen und Lungenkrankheiten in Verbindung gebracht, genauso wie mitHerzerkrankungen und Krebs.
Müll
Je nach Größe des Kreuzfahrtschiffes fallen extreme Massen an Müll an.
Durchschnittlich rechnet man mit 2,5 Kilogramm Essensresten, 1,8 Kilogramm Verpackungsmüll und 1 Kilogramm Glas- und Dosenmüll pro Passagier pro Tag.
Betrachtet man diese Menge für alle Passagiere für einen längeren Seeaufenthalt kommt eine gewaltige Masse zusammen.
Die Kreuzfahrtschiffe sind jedoch verpflichtet den Müll zu lagern, bis dieser in den Häfen sachgerecht entsorgt werden kann. Da jedoch die sachgerechte Entsorgung von jedem Land unterschiedlich verstanden wird, ist es nicht unüblich, dass der Müll schlussendlich doch im Meer oder auf illegalen Mülldeponien entsorgt wird.
Da Kreuzfahrtschiffe kaum Lagerkapazitäten haben, um solche Mengen an Müll zu lagern, kommt es dennoch vor, dass diese den Müll illegal im Meer entsorgen.
Der Müll in den Ozeanen kann Korallenriffe beschädigen, Giftstoffe können freigesetzt werden, welche die Korallen zerstören. Meereslebewesen verletzten sich oftmals an dem Müll oder sterben durch den Verzehr.
Nahrungsmittelreste dürfen zwar geschreddert ist das Wasser geleitet werden, dies kann jedoch zur einer Dysbalance des dortigen Ökosystems führen wie beispielsweise zu übermäßigen Algenwachstum.
Abwasser
Da ein Kreuzfahrtschiff verschiedenste Verwendungszwecke für Wasser hat, muss auch dieses aufbereitet und anschließend wieder entsorgt werden. Pro Tag wird circa 1000-2000 Tonnen Frischwasser aus dem Meer gewonnen.
Grau- und Schwarzwasser muss in den Häfen entsorgt werden. Doch auch hier gibt es oft Abweichungen zwischen den Vorgaben und der tatsächlichen Durchführung der Schiffe.
Gelangt Grauwasser und Schwarzwasser in das Meer, kommt es zu einer Erhöhung des Stickstoff- und Phosphorgehalts. Dies Verursacht das Sterben von Fischen, Korallenriffen und Molusten. Zudem wachsen bestimmte Algen übermäßig und es kommt zu einer Reduzierung des Sauerstoffniveaus.
Energieverbrauch
Ein größeres Kreuzfahrschiff hat einen Energieverbrauch wie eine kleine Stadt. Oftmals wird auch im Hafen der Motor nicht abgestellt, obwohl die meisten Gäste nicht an Board sind.
Hier sehen Sie, wofür am meisten Strom benötigt wird:
Antrieb
Schweröl:
Bei der Hochseekreuzfahrt wird meistens Schweröl verwendet, da dies ein günstiger Treibstoff darstellt.
Schweröl wird durch die stufenweise Erhitzung von Rohöl hergestellt. Bei den dabei unterschiedlich hohen Temperaturen verdampfen die Bestandteile des Rohöls. Die entstehenden Produktgruppen sind „Flüssiggas“, Leichtbenzin (bspw. Autobenzin), Schwerbenzin (Kerosin, Petrol) und Dieselöl. Übrig bleibt das Schweröl, welches quasi das Abfallprodukt darstellt. Um es verwenden zu können wird es weiter aufgeteilt, wobei der Schwefelgehalt reduziert wird.
Was nun übrig ist ist das zähflüssige, bräunlich schwarze Öl, der minderwertigsten Qualität. Das Schweröl ist der umweltschädlichste Treibstoff.
Hauptbestandteile sind Alkane und Alkene sowie Cycloakane, aromatische Kohlenwasserstoffe und Stickstoff sowie Schwefelverbindungen. Verschiedene Metalle wie Nickel, Calcium, Natrium und Vanadium sind ebenfalls enthalten.
Bei der Verbrennung im Motor muss es auf 130-140 Grad erhitzt werden.
Nachteile:
Die äußerst schwierige Entsorgung, die minderwertige Qualität und der hohe Schadstoffgehalt sind Nachteile des Schweröls.
Bei der Verbrennung entstehen viele giftige Stoffe, die -wenn im Organismus aufgenommen- gesundheitsschädigend sind.
Ökonomisches Spannungsfeld
Auch gibt es ein ökonomisches Spannungsfeld der touristischen Einnahmen.
Aufgeteilt werden die Touristischen Einnahmen in direkte, indirekte und induzierte Einnahmen.
Direkte Einnahmen:
bilden beispielsweise der Verkauf von Waren und Dienstleistungen vor Ort an die Reederei, an die Passagiere oder Besatzungsmitglieder. Darunter zählen Souvenirs, Taxigebühren, Hafengebühren oder Restaurantbesuche.
Indirekte Einnahmen:
entstehen, wenn direkte Zulieferer des Kreuzfahrtschiffes beispielsweise Lebensmittel oder Getränke anderer Firma einkaufen.
Induzierter Effekt:
Unter dem induzierten Effekt versteht man, wenn direkte und indirekte Zulieferer der Kreuzfahrtschiffe Ausgaben tätigen können, aufgrund von ihrem höheren Wohlstand.
Das Problem bei den Kreuzfahrttouristen ist jedoch, dass die Ausgaben der Kreuzfahrtpassagiere in den Hafendestinationen meist nur 30% der Ausgaben der „normalen“ Übernachtungstouristen darstellt. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die Kreuzfahrttouristen an Board meist eine All-inclusive Verpflegung genießen und somit an Land nichts konsumieren müssen. Somit werden die Einheimischen deutlich geringer unterstützt.
Zudem sind die Mitarbeiter an Board meist nicht aus den Fahrtgebieten, sondern aus asiatischen Ländern mit geringerem Lohnniveau. Sie werden meist schlecht bezahlt und haben keine Aufstiegschancen.
Oftmals werden Strandabschnitte und private Inseln von Kreuzfahrtreedereien gekauft, um den Passagieren eine exklusive Erfahrung zu ermöglichen. Problem ist jedoch, dass es somit keine Fremdleistungen von lokalen Anbietern gibt, da diesen meist nicht erlaubt ist, die Orte zu betreten. So wird den Einheimischen abermals eine Einnahmemöglichkeit verwehrt.
Soziales Spannungsfeld
Problemfelder:
Lösungsansätze
Um die Probleme zu lösen -oder zumindest zu verringern- gibt es schon einige Lösungsansätze für die Reedereien und auf politischer Ebene.
An Board
- Keine Minibars
- Plastik reduzieren, durch wiederverwendbare Einrichtungsgegenstände und Verbot von Einwegplastik
- Kleinere Schalen am Buffet bereitstellen und übriggebliebenes Essen weiterverwerten
- Möblierung aus abbaubaren Ressourcen und aus nachhaltiger Forstwirtschaft
- Regionale Produkte an Zwischenhäfen einkaufen. Einheimische Landwirtschaft unterstützen
- Umweltbeauftragter einstellen für die Kontrolle der Gesetze und Regelungen bezüglich des Umweltschutze
- Personal hinsichtlich der Wichtigkeit des Umweltschutzes schulen
- Mülltrennung und sachgerechte Entsorgung von Müll und Abwasser
Technische Maßnahmen
Auch auf technischer Ebene gibt es einige Möglichkeiten.
Zum Einen wäre es wichtig auf Schweröl zu verzichten und auf die schwefelarme Alternativen wie Marine-Diesel umzusteigen.
Und auch der Umstieg auf den LNG-Betrieb (liquefied natural gas) durch Flüssigerdgas würde die gesundheits- sowie klima- und umweltschädlichen Emissionen deutlich verringern und der Ausstoß von Schwefeloxid, Feinstaub und Schwermetall würde vermieden werden.
Rußpartikelfilter wie es sie in Pkw Vorschrift sind, können 95% einsparen.
Spezielle SCR-Katalysatoren können eingebaut werden, um fast den gesamten Stickstoffoxidanteil zu entfernen.
Doch auch die Oberfläche des Meeresbodens wird durch die bisherige Praktik des Ankerns geschädigt. Eine Alternative hierzu wäre ein GPS-basiertes Positionshaltesystem.
Um das entstehende Abgas nachzubehandeln gibt es sogenannte Scrubber. Diese reduzieren den Schwefeloxidgehalt in den Abgasen bis zu 99% und der Partikelausstoß wird bis zu 60% reduziert. Die Reinigung geschieht durch Meereswasser, welches anschließend gereinigt wieder in das Meer geleitet wird. Die Reststoffe werden in Schlammbehältern gesammelt und an Land fachgerecht entsorgt.
Infrastrukturell
Infrastrukturelle Maßnahmen wären eine Möglichkeit die schädliche Dauerbenutzung der Energieversorgung des Schiffes zu vermeiden.
- Eine Möglichkeit wäre eine einheitliche Vorrichtung zur Landstromversorgung, vergleichbar mit einem universalen Stromstecker. So könnte der Motor des Schiffes ausgeschalten werden und es gäbe keine Emissionen im Hafen.
- Eine zweite Möglichkeit sind Liquified Natural Gas Barges- schwimmende Gaskraftwerke. Diese können an das Kreuzfahrtschiff andocken und somit die Bereitstellung von Energie gewährleisten, ohne das schädliche Schweröl zu verbrennen.
sonstige Maßnahmen
Hafenbehörden:
- eine ökologische Hafengebühr einführen
- reduzierte Fahrtgeschwindigkeit in Ufernähe um die Emissionen zu reduzieren
Reedereien:
- Lokale Bevölkerung in die Tätigkeiten miteinbeziehen
- Fachvorträge an Board zur Kultur und Geschichte der angefahrenen Nation
- Umweltschonende An- und Abreiseanlternativen zum Luftweg anbieten
- Papiersparmaßnahmen wie digitale Tickets
Doch auch die Passagiere können hinsichtlich der Nachhaltikeit einen Unterschied machen:
Vor der Kreuzfahrt
- Reedereien wählen, die in ökologische Maßnahmen investieren und Maßnahmen zum Klimaschutz unternehmen.
- Wahl der Kreuzfahrtroute (nicht durch fragile Ökosysteme)
- Bieten sie nachhaltige Ausflüge und Veranstaltung an?
- Start und Zielhafen mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar?
An Board
- Müll vermeiden. Gewissenhafte Mülltrennung und Entsorgung.
- Verantwortungsbewusster Umgang mit den Lebensmittel am Buffet
- Bewusster Umgang mit Ressourcen wie Wasser und Strom.
- Mehrfache Nutzung der Handtücher.
- Plastik vermeiden bei Strohhalmen und Einwegbechern etc.
Nachhaltige Kreuzfahrtschiffe
Es gibt schon einige Kreuzfahrtschiffe, welche den richtigen Kurs in eine nachhaltige Zukunft eingeschlagen haben.
Lernen Sie die MS Roald Amundsen näher kennen:
Ausblick in die Zukunft
Um auch in Zukunft die Kreuzfahrt noch nachhaltiger zu gestalten, arbeiten Motorenhersteller, Werften und Reedereien an neuen zukünftigen Umwelttechniken.
Autorin: Jana Vayhinger