Die Gestaltung der Kreuzfahrtflotte ist für den Unternehmenserfolg der Anbieter von Hochseekreuzfahrten maßgeblich. Neben der Auswahl geeigneter Schiffsgrößen gehören auch die Bewertung der Schiffe und die Flaggenpolitik zur Flottenstruktur. Der aktuelle Trend begünstigt die Konzerne.
Flottenstruktur
Im Gegensatz zu anderen Verkehrsmitteln kann der Bau von Kreuzfahrtschiffen nicht in einer Serienproduktion erfolgen. Stattdessen erfolgt die Produktion ausschließlich auf Bestellung und jedes der Schiffe ist ein Einzelstück.
Unterschiedliche Schiffsgrößen und Inneneinrichtungen erlauben es den Anbietern von Hochseekreuzfahrten eine Vielzahl von unterschiedlichen Kundenbedürfnissen anzusprechen.Um die hohen Produktionskosten für den Neubau von Kreuzfahrtschiffen zu senken, bemühen sich die Reedereien dennoch um eine seriennahe Fertigung in Schiffsfamilien.
Insbesondere unter den Gesellschaften der Kreuzfahrtkonzerne lassen sich solche Schiffsfamilien finden. So verfügt Royal Caribbean International beispielsweise über eine Flotte bestehend aus sieben Schiffsfamilien. Diese unterscheiden sich in Ausstattung und Größe von einander.
Das die Kreuzfahrtindustrie boomt, zeigt sich auch an den Auftragsbüchern der Werften, bis zum Jahr 2026 sind bisher 97 neue Kreuzfahrtschiffe in Auftrag gegeben.
Insbesondere die „Big Four“ unter den Kreuzfahrtanbietern expandieren ihre Flotten, an erster Stelle MSC Kreuzfahrten. Bis 2026 will der Hochseekreuzfahrtenanbieter seine Flotte um elf Kreuzfahrtschiffe erweitern. Darunter auch die Schiffe der neuen „World Class“ Kategorie, die mit einer geplanten Kapazität von 7.000 Passagieren pro Schiff eine neue Ära der Hochseekreuzfahrt begründen sollen.
Auch AIDA Cruises will Geschichte schreiben. Ab 2017 beginnt in der Meyer-Werft in Papenburg der Bau der neuen Helios-Klasse, deren Antrieb zu 100% mit Flüssiggas erfolgen soll. Auch was die Passagieranzahl betrifft, soll die Helios-Klasse von AIDA Cruises Geschichte schreiben, mit maximal 5.200 Passagieren sind die Schiffe die größten, die je von einer deutschen Reederei in Auftrag gegeben wurden.
Die Schiffe verfügen über ähnliche Dimensionen wie die Ozeanriesen von Royal Caribbean International oder Carnival Cruise Line.
Schiffsgrößen
Auch die Auswahl einer geeigneten Schiffsgröße übt einen großen Einfluss auf das Geschäftsmodell der Hochseekreuzfahrtunternehmen aus. Die Wahl der geeigneten Schiffsgröße trägt zum langfristigen Erfolg des Unternehmens bei.
Die Auswahl erfolgt anhand der Kriterien:
- Nachfrage
- Neubaupreis
- Umbaumöglichkeiten
- Abwrackkosten
- Kreuzfahrtart
Kreuzfahrtschiffe können aufgrund von Merkmalen wie Länge, Tiefgang oder Bruttoraumzahl unterschieden werden. Gängig ist zudem auch die, unten abgebildete Einteilung der Schiffsgrößen nach ihrer Passagierkapazität.
Einteilung der Kreuzfahrtschiffe nach Passagierzahlen
Boutique
Boutiqueschiffe sind mit maximal 250 Passagieren die kleinsten Kreuzfahrtschiffe. Sie werden häufig in Küstennähe eingesetzt. Der geringe Tiefgang erlaubt das Ansteuern von wenig besuchten Häfen, Inseln, Fjorden und Flussmündungen. Kreuzfahrten auf Boutiqueschiffen sind im oberen Preissegment angesiedelt, da die Fixkosten auf eine geringe Passagieranzahl umgesetzt wird. Durch die geringe Pasagierzahl entsteht schnell eine vertraute Atmosphäre an Bord.
Die besten Boutiqueschiffe:
- Sea Dream I und Sea Dream II: Zwillingsschiffe des SeaDream Yacht Clubs mit maximal 112 Passagieren
- MS Hanseatic: Expeditionsschiff von Hapag-Lloyd Kreuzfahrten mit maximal 184 Passagieren
- Sea Cloud I: 1930 gebautes Segelschiff von Sea Cloud Cruises mit maximal 64 Passagieren
- Sea Cloud II: Segelschiff von Sea Cloud Cruises mit maximal 94 Passagieren
Mittelgroß
Mittelgroße Kreuzfahrtschiffe verfügen über eine Kapazität von 250 - 500 Passagieren. Sie gehören zu den älteren Kreuzfahrtschiffen und werden nicht mehr gebaut. Aufgrund ihrer Bauart mit kleinen Kabinen ist ein erhöhter Reisepreis kaum umsetzbar und die Schiffe sind nur schwer wirtschaftlich zu betreiben. Die Atmosphäre an Bord ist ähnlich wie auf Boutiqueschiffen. Der Einsatz von mittelgroßen Schiffen erfolgt häufig im Mittelmeer oder bei Themenkreuzfahrten.
Beispiele für mittelgroßen Kreuzfahrtschiffe:
- MS Europa: 5-Sterne-Plus Kreuzfahrtschiff von Hapag-Lloyd Kreuzfahrten mit maximal 400 Passagieren
- MS Europa 2: 5-Sterne Kreuzfahrtschiff von Hapag-Lloyd Kreuzfahrten mit maximal 500 Passagieren
- MS Hamburg: Hochseekreuzfahrtschiff von Plantours Kreuzfahrten mit maximal 400 Passagieren
Groß
Wie die mittelgroßen Kreuzfahrtschiffe werden auch große Kreuzfahrtschiffe wegen hoher Pro-Kopf-Kosten kaum noch gebaut. In vielen Häfen ist zudem das Anlegen von großen Kreuzfahrtschiffen nicht möglich. Passagiere müssen über Beiboote an Land gebracht werden (Tender). Mit einer Kapazität von 500- 1.000 Passagieren fehlt des Weiteren die vertraute Atmosphäre an Bord.
Beispiele für große Kreuzfahrtschiffe:
- MS Albatross: Klassisches Kreuzfahrtschiff von Phoenix Reisen mit maximal 830 Passagieren
- MS Amadea: Flaggschiff von Phoenix Reisen mit maximal 600 Passagieren; Drehort der ZDF-Serie: "Das Traumschiff"
- MS Deutschland: Ehemaliges "Traumschiff" der insolventen Peter Deilmann Reederei mit maximal 550 Passagieren; gechartert von Phoenix Reisen
Sehr Groß
An Bord der sehr großen Kreuzfahrtschiffe finden 1.000 - 2.000 Passagiere Platz. Mit einem breiten Bordprogramm und zahlreichen Attraktionen wird das Schiff zur eigentlichen Destination und ist alternative zum klassischen Urlaubsresort. Durch die hohe Passagierkapazität sind die Kreuzfahrtschiffe äußerst rentabel.
Beispiele für sehr große Kreuzfahrtschiffe:
- AIDAcara: erstes Kreuzfahrtschiff von AIDA Cruises mit maximal 1.339 Passagieren
- Mein Schiff 1: erstes Kreuzfahrtschiff von TUI Cruises mit maximal 1.924 Passagieren
- Queen Victoria: Luxus-Kreuzfahrtschiff im britischen Stil von Cunard mit maximal 2.000 Passagieren
- Vision of the Seas: Namensgeber der Vision- Klasse von Royal Caribbean International mit maximal 2.000 Passagieren
Mega
Die steigende Beliebtheit von Kreuzfahrten erlaubt den Bau von immer größeren Schiffen.An Bord der Mega-Kreuzfahrtschiffe finden mehr als 2.000 Personen Platz. An Bord sollen weitläufige Einkaufspassagen und ein vielfältiges Angebot von Freizeitmöglichkeiten zur Entzerrung der Passagiere beitragen.
Insbesondere die neugebauten Schiffe von Royal Caribbean International erzielen stets neue Passagierrekorde. Mit einer Kapazität von 6.800 Passagieren wird 2018 die Symphony of the Seas zum größten Kreuzfahrtschiff der Welt.
Beispiele für Mega-Kreuzfahrtschiffe:
- Symphony of the Seas: größtes Kreuzfahrtschiff der Welt von Royal Caribbean International mit maximal 6.800 Passagieren
- MSC Meraviglia: größtest Kreuzfahrtschiff Europas von MSC Kreuzfahrten mit maximal 4.500 Passagieren
- Quantum of the Seas: Auf den chinesischen Markt zugeschnittenes Kreuzfahrtschiff von Royal Caribbean International mit maximal 4.180 Passagieren
Klassifizierung
Wie in der Hotellerie ist auch bei den Kreuzfahrtschiffen eine Bewertung im Sternesystem üblich. Diese, für die Schiffsbetreiber freiwillige Bewertung erfolgt jährlich und wird im „Berlitz-Complete Guide to Cruising and Cruise Ships“ veröffentlicht.
Die Schiffe der teilnehmenden Unternehmen werden an Hand der Kriterien Schiff, Unterbringung, Verpflegung, Service, Entertainment und Kreuzfahrt-Erlebnis bewertet und mit Sternen ausgezeichnet. Zu den am besten bewerteten Schiffen gehören insbesondere die Europa und Europa 2 von Hapag-Lloyd Kreuzfahrten.
Neben der Schiffsbewertung soll der Berlitz-Guide insbesondere potentielle Passagiere bei der passenden Schiffsauswahl unterstützen und dient Kreuzfahrtunternehmen zur Konkurrenzorientierung.
Flaggenpolitik
Das Geschäftsmodell der Kreuzfahrtunternehmen wird von der Wahl der Schiffsflagge stark beeinflusst. Die Schiffsflagge beeinflusst u.a. die Streckenplanung, das Personalmanagement sowie zu bezahlende Steuern und Abgaben. Jedes Schiff weltweit muss in einem Staat registriert werden, man spricht hierbei vom sogenannten Flaggenstaat.
Die länderspezifischen Rechte regeln hierbei:
- Steuern und Abgaben
- Personalanstellung
- Entlohnung
- Einschränkungen in der Routenplanung
- u.a.
Zur Kostensenkung registrieren viele Reedereien ihre Schiffe daher unter sogenannten Billigflaggen. Hierbei handelt es sich um Schiffregister, die nicht nur nationalen, sondern auch internationalen Reedereien offenstehen und sich insbesondere durch geringe Gebühren auszeichnen.
Zu den sogenannten Billigflaggen gehören u.a. Panama, die Bahamas, Bermuda, Liberia und die Niederländischen Antillen. Insgesamt zählt die International Transport Workers‘ Federation (ITF) 32 Staaten zu den Billigflaggen. Die Registrierung eines Schiffes unter einer der Billigflaggen ist jedoch äußerst kontrovers, da es den Schiffseigentümern erlaubt Arbeits-, Sicherheits- und Finanzvorschriften zu umgehen.