Richard Lutz, Vorstandsvorsitzender der DB, hat im Juni 2019 Folgendes gesagt: „Deutschland wird seine Klimaziele nur dann erreichen, wenn es im kommenden Jahrzehnt gelingt, massiv Verkehr auf die Schiene zu verlagern“. Ebenfalls im Juni hat Lutz die neue Bahnstrategie Starke Schiene veröffentlicht, mit der dieses Ziel erreicht werden soll.

Im Integrierten Zwischenbericht Januar  Juni 2019: Deutschland braucht eine Starke Schiene, wird dies ebenso thematisiert. Das Hauptziel der Starken Schiene ist es, mehr Kapazität, mehr Züge und eine größere Anzahl an Verbindungen zu schaffen, um somit mehr Passagiere und Güter auf die Schiene zu verlegen. All das soll umweltfreundlich geschehen. Die Starke Schiene gliedert sich hierbei in vier Teilbereiche, die in folgender Abbildung dargestellt sind: Die Starke Schiene für das Klima, die Menschen, die Wirtschaft und für Europa. 

 

Abb.: Vier Teilbereiche der neuen Bahnstrategie Starke Schiene 

Der Teilbereich Klima sieht vor, dass der CO2Gesamtausstoß um zehn Millionen Tonnen pro Jahr zurückgehen soll. Dies entspricht laut der DB dem jährlichen CO2Fußabdruck von rund einer Million Menschen. Die Starke Schiene für die Menschen steht dafür, dass die Passagierzahlen im Schienenpersonenverkehr verdoppelt werden sollen. Es ist geplant, dass die Zahlen von 130 Millionen Fahrgästen auf 260 Millionen Fahrgästen pro Jahr im Fernverkehr ansteigen. Dadurch sollen pro Tag fünf Millionen Autofahrten und 14.000 Flugreisen innerhalb Deutschlands wegfallen. Eine Starke Schiene für die Wirtschaft drückt aus, dass der Marktanteil des Güterverkehrs auf der Schiene in Deutschland auf 25% ansteigen soll. Pro Jahr wären das dreizehn Millionen weniger LkwFahrten auf deutschen Straßen. Der letzte Teilbereich Europa besagt eine gemeinsame Verwirklichung der europäischen Vernetzung. Im Integrierten Zwischenbericht wird die Starke Schiene noch genauer spezifiziert. In den folgenden Jahren sollen rund 100.000 neue Mitarbeiter eingestellt werden und die Flotte im Fernverkehr an 100% mehr Kapazität erlangen. Zusätzlich wird die Digitalisierung der Infrastruktur ausgebaut und soll ein Plus von 30% Kapazität im Netz erzielen. Auch die Bahnhofskapazität wird vergrößert, diese wird verdoppelt und soll für 40 Millionen Passagiere pro Tag ausgelegt werden. Im Fernverkehr ist geplant die Fahrgastzahlen auf 260 Millionen pro Jahr zu verdoppeln, im Nahverkehr soll es ein Plus von einer Milliarde Passagiere pro Jahr geben. Um 70% soll außerdem die Verkehrsleistung im Güterverkehr erhöht werden. Im Jahr 2018 gibt es bei der DB im Güterverkehr eine Verkehrsleistung von 88.237 Millionen Tonnenkilometer (tkm). All diese Maßnahmen sollen ab dem Jahr 2038 mit 100% Ökostrom erfolgen. Um die neue Bahnstrategie Starke Schiene umsetzen zu können, werden die genannten Ausbausteine in der Mittelfristplanung verankert und das Portfolio wird angepasst. Die DB möchte zudem den DeutschlandTakt einführen und durch sogenannte smarte Services eine stärkere Vernetzung erzielen. Das Ziel des DeutschlandTaktes ist es, dass bis zum Jahr 2030 30 Metropolen in Deutschland zweimal pro Stunde miteinander verbunden werden. Digitale Technologien sollen eingesetzt werden, um einen einfachen Wechsel der Verkehrsmittel zu ermöglichen. Auch die Attraktivität der einzelnen Produkte soll damit erhöht werden. Durch ioki, das später im Text genauer erläutert wird, gibt es Angebote welche die Schiene bis zur Haustür des Fahrgastes verlängern. Durch diese Angebote, soll der öffentliche Nahverkehr sinnvoll ergänzt werden. 

Der verkehrspolitische Sprecher der CDU/CSU, Ulrich Lange, fordert dagegen eine Reformation der DB. Er ist der Meinung, dass die DB die neuen Anforderungen nicht bewältigen kann. Wenn der Klimaschutz wichtig ist, müssen viel mehr Gütertransport und Reisende auf die Schiene verlagert werden. Darin sieht er eine große Aufgabe. Wichtig sei hierbei vor allem Qualität und Pünktlichkeit, was im Moment nicht der Fall sei, da jeder vierte Zug im Fernverkehr zu spät sei. Anstatt der Aktiengesellschaft fordert er eine GmbH im Besitz des Bundes, bei dem es ein Weisungsrecht an die Geschäftsführer gibt. Durch die Rechtsform der GmbH hätte der Staat mehr Durchsetzungskraft auf das Bahnmanagement. Auch der Fahrgastverband PRO BAHN fordert eine Bahnreform in einer seiner Veröffentlichungen. Dort werden zehn Punkte aufgeführt, von denen in dieser Arbeit auf Grund der beschränkten Seitenanzahl nicht alle genannt werden. Zum einen wird hier geschrieben, dass die Struktur des Konzerns geändert werden sollte. Außerdem muss die Planung und der Bau von Aus und Neubaustrecken zügiger voran gehen. Ein weiterer Punkt ist, dass Strecken und Stationen mit wenig Aufwand verbessert werden sollen und dass in den Hauptverkehrszeiten die Kapazitäten maximal ausgenutzt werden sollen. Im Frühjahr 2020 findet ein Spitzengespräch mit Verkehrsminister Andreas Scheuer zu dem Thema statt. Eine weitere Forderung von Lange ist, dass sich die DB durch den Verkauf der Tochterfirmen DB Arriva und DB Schenker wieder auf das Kerngeschäft (Beförderung von Fahrgästen und Gütern in Deutschland) konzentrieren könnte. 

In einem Artikel, in dem Richard Lutz mitgewirkt hat, geht es um die aktuelle Situation der DB. Seit der Bahnreform im Jahr 1994 ist die Verkehrsleistung auf der Schiene deutlich angestiegen. Aktuell führt dieses Wachstum an Kapazitätsgrenzen (bezogen auf Infrastruktur, Fahrzeuge und Personal). Es entstehen Engpässe, die für die Betriebsqualität und Kunden eine Belastung darstellen. Mithilfe der Agenda für eine bessere Bahn soll die DB für die Zukunft gut aufgestellt werden. Laut Lutz wird dieser Plan länger dauern als angenommen. Es muss mehr investiert werden, als bislang geplant war. Investitionen müssen unter anderem in Kapazität, Verfügbarkeit, Qualität, Digitalisierung und Innovation vorgenommen werden. Alle genannten Maßnahmen sind wichtig zur Stärkung der Schiene und um die Klimaziele im Verkehr zu erreichen. Durch die Digitalisierung kann die DB mehr Verkehr auf das Schienennetz verlagern, die Position als Umweltvorreiter weiter ausbauen und die Klimaschutzbilanz verbessern. Dies geschieht durch innovative Leit und Sicherungstechnik in Verbindung mit neuen Technologien des Bahnbetriebs. Dadurch kann die Kapazität des bestehenden Bahnnetzes um bis zu 35% erhöht werden. Basis dafür ist das sogenannte European Train Control System (ETCS). Bisherige konventionelle Signale werden durch Funktechnologie ausgetauscht. Der digitalisierte Bahnbetrieb erfolgt in Zukunft unter anderem über Echtzeitortung. Somit können Züge in engeren und flexibleren Abständen fahren. Durch die Umfeldwahrnehmung, mithilfe von Sensoren oder Kameras, erkennt das Fahrzeug, ob ein Objekt als Hindernis eingestuft wird. Durch den Einsatz des Automatic Train Operation (ATO) Systems werden vorgegebene Anweisungen zum Beschleunigen und Bremsen umgesetzt und die optimale Geschwindigkeit eingesetzt. Zudem werden künstliche Intelligenz, 5G und CloudTechnologien in Zukunft genutzt. 

Martin Burkert, SPDBundestagsabgeordneter und ehemaliger Mitarbeiter der DB sieht die Situation der Bahn dagegen kritisch. Er sagt, dass im Moment die Infrastruktur verfällt, es sind alleine 1.200 Brücken renovierungsbedürftig. Die DB hat Schulden in Höhe von 19,5 Milliarden Euro und der Investitionsstau beläuft sich auf 60 Milliarden Euro. 

Die neuste Entwicklung, bekannt geworden Mitte Januar 2020, ist, dass die Politik Milliarden Euro in die DB investieren wird. Über die sogenannte Leistungs und Finanzierungsvereinbarung (LuFV) werden in den nächsten zehn Jahren 86 Milliarden Euro in das Schienennetz investiert. 62 Milliarden davon werden von der Regierung bereitgestellt, die restlichen 24 Milliarden von der Deutschem Bahn selbst. Mit dem Geld soll das Schienennetz erhalten und saniert werden. Experten sagen, dass mehr Qualität und Pünktlichkeit auf der Schiene nur möglich sein wird, wenn die Bahninfrastruktur in großen Dimensionen modernisiert wird. Viel Zeit und Geld muss dafür in Planung, Ersatz und Neubau von Stellwerken, Tunneln, Brücken und Strecken investiert werden. Da Genehmigungsverfahren lange andauern, gehen Experten davon aus, dass die Erneuerungen viel Zeit in Anspruch nehmen werden. Zusätzlich stellt sich die Frage, ob bei der DB das Gewinnziel im Vordergrund steht oder das Interesse der Bürger, um einen umweltschonenden und preisgünstigen Schienenverkehr zu ermöglichen. Der Staat ist durch das Grundgesetz dazu verpflichtet, dass Verkehrsangebote auf der Schiene und auch die Infrastruktur angemessen und ausreichend sind. 

Abbildung: Kennzeichen der neuen Bahnstrategie Starke Schiene