Liegt ein Kreuzfahrtschiff für einen Aufenthalt in einem Hafen, muss der Bordbetrieb auf rechterhalten werden. Dies geschieht meist durch den Einsatz von Dieselaggregaten, die Emissionen ausstoßen. Eine umweltfreundliche Alternative dazu ist die Versorgung mit Landstrom in den Häfen.
Schon im Jahr 2001 wird in Juneau, Alaska, der erste Land stromanschluss für Kreuzfahrtschiffe in Betrieb genommen. Daraufhin installieren in Eu ropa unter anderem die Häfen in Venedig, Barcelona, Göteborg und Hamburg Landstrom anschlüsse. Die Westküste der USA und Kanada nehmen hierbei die Vorreiterrolle ein, im europäischen Raum ist Hamburg Altona seit dem Jahr 2016 Pionier. Aufgrund der techni schen, finanziellen, physikalischen und auch umweltrelevanten Herausforderungen sind Landstromanschlüsse allerdings ein komplexes Thema.
Die Bundesrepublik Deutschland veröffentlicht am 10. Oktober 2019 eine Absichtserklärung (Memorandum of Understanding). Darin geht es um „(...) die Verbesserung der Rah menbe dingungen für die Nutzung von Landstrom in Häfen.“ Hier wird beschrieben, dass durch den Einsatz von Landstrom, der aus erneuerbaren Energien gewonnen wird, Emissionen reduziert werden können. Die Bundesregierung möchte schiffsbedingte Emis sionen reduzieren und arbeitet an der Anlage VI von MARPOL mit. Weiter wird die derzei tige Lage erläutert: Landstrom hat hohe Investitionskosten und ist im Moment durch die reinen Betriebs und Stromkosten nicht konkurrenzfähig. Die herkömmliche Energiever sorgung mit Schiffsdiesel an Bord ist günstiger. Durch die hohen Stromkosten kommt es zu einer geringen Nachfrage von Landstrom und somit zu einem geringen Angebot der Landstromversorgung. Landstrom wird mittlerweile in einigen Häfen angeboten, jedoch wenig genutzt. Bislang ist der Landstrom dreimal teurer als Bordstrom aus Dieselaggrega ten. Die bisherige Landstromanlage in Hamburg Altona hat die Erwartungen deswegen bis jetzt nicht erfüllt, da der Strompreis zu hoch ist. Das Ziel einer flächendeckenden Einfüh rung dieser Technologie kann nur verwirklicht werden, wenn die Nutzung von Landstrom für die Reedereien ökonomisch sinnvoll ist. Nicht nur die operativen Kosten sind hoch, sondern auch die Investitionskosten. Diese können durch den laufenden Betrieb bislang nicht refinanziert werden. Global gesehen gibt es zum jetzigen Zeitpunkt keine Landstrom anlage für Container, Fähr oder Kreuzfahrtschiffe, die mit Berücksichtigung der Investiti onskosten ökonomisch betrieben werden kann.
Die Bundesregierung stellt im Jahr 2020 insgesamt 140 Millionen Euro für die Förderung dieser Anlagen in deutschen Häfen zur Verfügung. Zusätzlich soll die EEG Umlage (Er neuerbare Energien Gesetz) für Landstrom gesenkt werden (Reduktion auf 20%). Mit hilfe der EEG Umlage wird Ökostrom gefördert. Im Jahr 2019 liegt die EEG Umlage in einer Höhe von 6,41 Cent pro Kilowattstunde, im Jahr 2020 sind es bereits 6,76 Cent pro Kilowattstunde. Somit nimmt die EEG Umlage etwa 25% des zu zahlenden Strompreises ein. Im Klimaschutzprogramm 2030 der Bundesregierung zur Umsetzung des Klima schutzplans 2050 hat die Bundesregierung im Zusammenhang mit der Landstromnutzung in Häfen Folgendes beschlossen: „ Damit sie auf Strom und emissions und luftschadstoff arme Kraftstoffe umsteigen können, werden Umlagen für Landstrom gesenkt und emissi ons und luftschadstoffärmere Kraftstoffe vorübergehend gefördert. Auf Dauer wird auch hier Ordnungsrecht greifen müssen. Bei Seehäfen wird eine Initiative zur EU weiten Ein führung einer Landstrompflicht gestartet, bei Binnenhäfen wird eine nationale Regelung geprüft.“ Der Umsetzungszeitraum bezieht sich laut Angabe zwischen 2020 2030 und deut lich über das Jahr 2030 hinaus.
Im Hamburger Hafen soll es in Zukunft das Landstromangebot nicht nur in Altona geben, sondern auch an den Terminals auf Steinwerder und der Hafencity. Außerdem wird Ham burg zum weltweiten Landstromanschluss Pionier, da in Zukunft auch Containerschiffe diesen beziehen können. Ab 2023 wird es acht Liegeplätze für Containerschiffe geben, vier für Kreuzfahrtschiffe. Jährlich werden 300 Inanspruchnahmen erhofft. Dadurch könnten pro Jahr etwa 43.000 Tonnen CO2 und 1.400 Tonnen Stickoxide eingespart werden. Wie in der Absichtserklärung dargestellt, wird Landstrom günstiger, da die Bundesregierung den Landstrom von der Ökostrom Umlage befreien kann. Ziel ist es, den Schiffen Ökostrom zur Verfügung zu stellen, ohne dass zusätzliche Kraftwerke gebaut werden müssen. Da Schiffe 6.600 Volt und eine Frequenz von 60 Hertz (Hz) benötigen, muss der Strom erst umgewandelt werden. Neben dem Hamburger Hafen wird auch in Kiel eine moderne Landstromanlage errichtet (Kosten: 15 Millionen Euro). Seit Anfang 2019 werden hier schon die Fähren der Color Line mit Landstrom versorgt. Es wird derzeit geprüft, ob für Fähren nach Skandinavien weitere Kapazitäten eingerichtet werden sollen. In Kiel nutzen zunehmend Fähren den Landstrom, obwohl dieser in Deutschland mit 19 20 Cent pro Kilowattstunde noch teurer ist als in norwegischen Häfen (sieben Cent).
Dem Landstrom gegenüber gibt es aber auch Kritiker. Diese befürchten, dass durch Land stromanschlüsse landseitige Stromnetze belastet werden können. Ein Kreuzfahrtschiff ver braucht im Durchschnitt neun bis zwölf Megawatt Strom pro Stunde (das entspricht 5.000 bis 7.000 Haushalten). Diese Belastung fällt zusätzlich auf die normale Grundlast der Stromnetze und es könnte der Fall eintreten, dass neue und zusätzliche Kraftwerke gebaut werden müssen. Wenn in Hamburg fünf Schiffe gleichzeitig Landstrom beziehen, wäre dies ein Äquivalent des Stromverbrauchs fünf kleiner Städte. Durch zusätzliche Stromkapazitä ten kann dies versorgt werden, wenn gerade keine Schiffe Strom beziehen, werden diese Kapazitäten allerdings nicht gebraucht. Eine weitere Problematik von Landstrom ist, dass Emissionen teilweise nur verlagert werden. Sie werden nicht mehr direkt auf dem Schiff ausgestoßen, sondern stattdessen in Kraftwerken. Lokale Schadstoffwerte und auch die Luftqualität sind dann zwar besser, aber Emissionen finden trotzdem statt. Landstrom ist somit nur sinnvoll, wenn er aus erneuerbaren Energien bezogen werden kann. Im Jahr 2019 werden in Deutschland 93.719 Megawatt Strom aus nicht erneuerbaren Energien (Erdgas, Steinkohle, Braunkohle, Kernenergie, Pumpspeicher, Mineralölprodukte) erzeugt. Aus erneuerbaren Energien (Wind Onshore, Solar, Biomasse, Wind Offshore, Laufwasser) werden dagegen 119.444 Megawatt produziert. Diese Zahlen zeigen, dass mehr als 50% des Stroms bereits aus erneuerbaren Energien bezogen werden.